Incentive-Reisen nach Japan?
Woran denkst du, wenn du an Japan denkst? An Kirschblüten , Tokyo , Sushi , viele Menschen, Metropolen, Kultur ?
Ich hatte Japan bisher zumindest so oder so ähnlich im Gedächtnis und - wenn ich ehrlich bin - nicht wirklich auf dem Radar, wenn es darum ging, eine Incentive-Reise zu organisieren. Allerdings hatte ich nun im Rahmen eines Fam-Trips*, zu welchem ich vom TCVB - Tokyo Convention & Visitors Bureau und dem Okinawa Convention and Visitors Bureau eingeladen wurde, die Möglichkeit, diese Destination kennenzulernen und ein besseres Verständnis für sie zu bekommen. Meine Eindrücke und ein Fazit lest ihr hier - viel Spaß!
Anreise nach Tokyo und erste Eindrücke
Kurz vorab - für Tokyo benötigen Deutsche/Österreichische und Schweizer Staatsbürger und Staatsbürgerinnen (auf's gendern werde ich im restlichen Artikel verzichten) kein Visum. Der Aufenthalt ist bis 90 Tage ohne Visum möglich. Sinnvoll ist es allerdings, sich zumindest im Vorfeld unter https://vjw-lp.digital.go.jp/en/ zu registrieren, das macht die Einreise bei Pass-Kontrolle noch einfacher, da man die geforderten Daten in Form eines QR Codes bereits vorweisen kann.
Der Flug von Frankfurt mit Lufthansa dauerte etwas über 12 Stunden. Das ist lang, vor allem wenn man es unter dem Gesichtsunkt betrachtet, dass die meisten Incentive-Reisen, die auch Overseas-Destinationen in Betracht ziehen, max. 5-7 Tage andauern. Aufgrund der aktuellen Lage in Russland und der Ukraine wurde das Gebiet weitläufig umflogen, was zu einer längeren Flugzeit beiträgt. Der Rückflug dauerte mit über 14 Stunden noch länger, der komplette Kontinent wurde nördlich umflogen.
Die Immigration dauerte an sich nicht lang, Passkontrolle, Scan des QR Codes und Fingerabdrücke nehmen... Welcome to Japan!
Wir landeten am frühen Nachmittag und wurden von einer freundlichen, englischsprachigen Reiseleitung empfangen. Etwas unverzichtbares, wie sich im Laufe der Fam-Trip-Woche mehrfach herausstellte... Wir erhielten direkt am Flughafen kleine Wlan-Sender, die als Hotspot dienten, um sich mit dem Handy zu verbinden. Das fand ich persönlich klasse, denn das ReisePaket "World" kostet am Tag 9,99 € bzw. 34,99 € für 7 Tage. Für Incentive-Gruppen auch ein schönes "Goodie". Generell gibt es aber überall W-Lan! Egal ob im Bus, Restaurants, Hotels, öffentliche Plätze, Shoppingcenter und sogar auf den Inlandsflügen (und zwar kostenfrei!! Da können sich unsere hiesigen Fluggesellschaften eine Scheibe abschneiden).
Nach Ankunft ging es direkt zum Cerulean Tower Tokyo Hotel im Bezirk Shibuya. Viel Zeit zum Ausruhen hatten wir allerdings nicht. Straffes Programm - das zog sich aber durch die komplette Woche. Leider hatten wir überhaupt keine "Freizeit", das war nicht optimal und würde ich selbst bei der Planung von Site-Inspections oder Fam-Trips anders gestalten, aber egal. Dem ein oder anderen ist Shibuya sicher ein Begriff - der Shibuya Scramble Square ist die wohl bekannteste Kreuzung der Welt mit tausenden von Menschen, die täglich diese Zebrastreifen überqueren. Nach einem Besuch des Yamatane Museums für traditionelle japanische Kunst auf Pigment-Basis, welches man für Pre-Dinner-Drinks buchen kann, hatten wir ein tolles erstes Dinner im CÉ LA VI Tokyo, welches neben einem Restaurant mit fantastischem Ausblick auch eine Bar und einen Club bietet. Nach diesem Tag bin ich wie ein Stein ins Bett gefallen. Und Gott sei Dank wurde ich von einem Jetleg verschont...
Tag 2: Tokyo
Los ging es um 8:45 Uhr mit der Besichtigung von diversen umfunktionierten Warehouses und Venues, welche in erster Linie für größere Konferenzen und/oder Ausstellungen genutzt werden können (Shubiya Stream Hall, Warehouse TERRADA mit mehreren Venues). Da diese nicht wirklich für Incentives relevant sind, gehe ich nicht im Detail darauf ein. Erwähnen möchte ich allerdings, dass die Sales Leute in all diesen Venues kein Wort Englisch sprechen und man ohne einen Übersetzer wirklich aufgeschmissen ist. Selbst in Hotels! Das Fazit was ich daraus ziehe werde ich am Ende preisgeben.
Weiter ging es in einen Shop für Pigmente und traditionelle japanische Malerei - PIGMENT TOKYO
Das fand ich wirklich schön und für Incentive-Gruppen ist das eine tolle Aktivität, die den Teilnehmenden die Traditionen etwas näherbringt. Als Souvenir konnten wir alle ein selbst (aus)gemaltes Bild mit nach Hause nehmen. Der Laden verkauft außerdem DIY Kits für Zuhause. Kaufen konnte ich das allerdings nicht gleich, da der Laden offiziell geschlossen war an diesem Tag und - ganz ehrlich - mit Geschäftstüchtigkeit haben sie es in Japan nicht so... Hat man halt Pech gehabt. Lunch wurde im T.Y. Harbor serviert, einer lokalen Brauerei, die Burger serviert. Nicht typisch japanisch, dennoch lecker.
Im Anschluss ging es zur japanischen Variante des Eifelturms - dem Tokyo Tower. Auch hier gibt es Möglichkeiten, Bereiche für Gruppen exklusiv zu buchen und die Aussicht zu genießen, WENN man sich an zahlreiche Vorgaben hält. Flexibilität ist in Japan auch eher wenig verbreitet... Nichts desto Trotz war die Aussicht fantastisch, wenn man nicht gerade unter Höhenangst leidet. 🙂
Wieder auf festem Boden angekommen fuhren wir zum teamLab Planets TOKYO - meinem persönlichen absoluten Highlight des ganzen Fam-Trips. Ich weiß gar nicht, wie man dieses Erlebnis beschreiben soll - schaut einfach mal selbst über den Link. DAS ist für Incentive-Gruppen wirklich mega! Und man kann da locker 2 Stunden drinnen verbringen oder noch länger.
Wir hatten leider nur knapp 1,5 Stunden und dann ging es weiter zum Dinner ins Gonpachi Shibuya, ein "casual" Restaurant mit Japanischen Spezialitäten. Es ist in Tokyo wohl eine Art Kette aber dennoch sind alle Restaurants etwas anders. Sehr lecker und zur Abwechslung sprach man auch mal Englisch. Umrahmt wurde dieser Abend mit einem Künstler, der im Nuh mit Scherenschnitt tolle Bilder zauberte. Auch für Incentive-Gruppen eine schöne Idee.
Tag 3: Auf nach Ishigaki Island - Präfektur Okinawa
Am Vormittag besichtigten wir noch eine Venue, welche ich persönlich als das definiere, was man als "japanisch" bezeichnet bzw. woran man dabei denkt. HAPPO-EN vereint mehrere Conference-Venues und Event-Spaces mit einem tollen japanischen Garten, direkt im Herzen Tokyos. Man kann verschiedene Workshops buchen wie z.B. eine Tee-Zeremonie oder, was wir gemacht haben, einen Sushi-Workshop. Aber auch hier, schlechtes Englisch und wenig Flexibilität.
Gestärkt mit dem selbst gerollten Sushi ging es zum Flughafen und mit Japan Airlines auf die kleine, 3h von Tokyo entfernte, Insel Ishigaki. Begrüßt wurden wir vor Ort wieder von einem Reiseleiter. Dieser stellte sich schnell als Deutscher Auswanderer heraus, was für uns natürlich umso besser war. 🙂
Auf dem Weg zum Hotel gab es noch einen Stop-over für Dinner im "Funakura no Sato", einer Venue die sowohl ein Restaurant beherbergt als auch open-air space und eine Halle für Veranstaltungen we Hochzeiten. Danach Check-In im ANA InterContinental Ishigaki Resort . Die ausführliche Site-Inspection des Resorts, welches auf einem neuen und einem alten Teil besteht, erfolgte am nächsten Morgen.
Tag 4: Ishigaki und Okinawa - Präfektur Okinawa
Aufstehen und erstmal einen Zeitslot buchen für das Frühstück im Restaurant. Das war die erste Challenge des Tages. Ein kompliziert und in unseren Augen völlig unnötiger Prozess, um Frühstücken zu können hat den ein oder anderen von uns leicht frustriert und genervt in den Tag starten lassen. Nachdem dies gemeistert wurde, starteten wir wie gesagt mit der Site-Inspection. Das Hotel - zumindest der neue Teil - ist sehr schön. Der alte Teil für Incentives völlig ungeeignet.
Danach fuhren wir so ziemlich ans andere Ende der Insel für die Besichtigung des Club Med Ishigaki. Zugute heißen muss man dem Hotel, dass es eines von 3 Hotels war (von insgesamt 8), die einen englischsprachigen Sales Manager vor Ort hatten. Das Konzept von Club Med ist euch sicher bekannt, aber ob dies für Incentives geeignet ist... zumindest dort fraglich. Die Zimmer sind in Ordnung, aber die restliche Anlage benötigt für europäische Ansprüche zwingend eine Überholung. Der Pool erinnerte eher an das städtische Schwimmbad, das war leider nicht das wonach wir suchten. Wieder zurück quer über die Insel durfen wir unsere Töpfer-Skills unter Beweis stellen. Im Ishigaki-Yaki Pottery Studio. Auch das ist wieder eine schöne Aktivität für Incentive-Gruppen. Danach Lunch und ein kurzer Besuch eines Touren-Anbieters auf der Insel. Dieser Termin war sehr aufschlussreich für uns, denn die Lady dort hat uns das widergespiegelt, was wir alle gedacht haben. Für Incentives ist Ishigaki (noch) nicht bereit. Die "Infrastruktur" fehlt. So viel ehrliche und richtige Selbstreflexion, vor allem vor dem Okinawa Convention Bureau, hat mich positiv überrascht. Anschließend ging es wieder zum Flughafen für einen 1-stündigen Flug auf die größere "Mutterinsel" Okinawa.
Nach dem Transfer ins Ryukyu Hotel & Resort Nashiro Beach wurde dieses noch besichtigt. Ein tolles, neues Hotel mit riesigem Ball-Room und weiteren Breakout-Räumen aber auch hier, kein Englisch, keine Flexibilität - sehr sehr schade. Nach dem Abendessen fiel ich völlig k.o. ins Bett.
Tag 5: Die Insel Okinawa
Heute stand mal kein Flug auf dem Programm - juhuuu... Stattdessen besichtigen wir verschiedenste Hotels, Resorts und Boutique-Hotels auf der Insel. Hyakuna Garan was das Erste. Ein Boutique-Hotel, welches sich Entschleunigung und Relaxation auf die Fahne geschrieben hat. Traditionell japanisch und recht ab vom Schuss. Was ich mir hier vorstellen kann? Zwangs-Entschleunigung für Manager, die kurz vor dem Burnout stehen. Exklusiv gebucht mit verschiedensten Workshops wie Yoga, Meditation, Tee-Zeremonie usw. ohne Party, einfach abschalten und runterfahren.
Next Stop: Karate-Do Kaikan Okinawa Im passenden Outfit gab's ein Schnuppertraining und anschließend durften wir selbst noch unsere Kraft demonstrieren. Fun Pur für Incentive-Gruppen
Wieder in einer anderen Ecke der Insel gelegen gab es eine kurze Stärkung im Hoshinoya Okinawa OLU Grill (Teil eines Hotels) mit anschließender Besichtigung eines wirklich ganz fantastischem Hotels. Dem Hoshinoya Okinawa. WOW! Völlig verrückte Architektur - von außen denkt man eher an eine Festung - von innen weitläufig, mit einem Garten mit tausenden Blumen und Büschen und sehr großen Zimmern. Auch dieses Hotel würde so ziemlich jede Incentive-Gruppe überzeugen.
Zu guter Letzt fuhren wir ins Hyatt Regency Seragaki Island Okinawa. Praktisch die ganze kleine Insel ist das Resort. An sich auch sehr schön, wenn nur diese Inflexibilität nicht wäre.
Nach dem leckeren Essen und einer Whisky-Verkostung in der Bar mit Japanischen Whiskies ging es ins Bett.
Tag 6: Lange nicht geflogen - zurück nach Tokyo
An diesem Tag besuchten wir das Valley of Gangala, dessen Tropfsteinhöhe ebenfalls für Events genutzt werden kann. Anschließend hatten wir ein Debriefing mit dem Convention Bureau. Zwischenfazit: Die Insel ist hübsch, die Strände ein Traum, Hotels sind ebenfalls sehr schön aber die Insel ist (noch) nicht bereit für internationale MICE-Gruppen. Das Verständnis für diese Zielgruppe ist noch nicht bei den einzelnen Akteuren angekommen und man kann internationale Kunden nicht mit dem domestic Publikum vergleichen, welche die vielen Regeln und Förmlichkeiten verstehen und so akzeptieren.
Sayonara Okiniwa, zurück nach Tokyo.
Dort angekommen ging es aber nicht etwa zum Hotel, zumindest nicht lang... Unser Guide begrüßte uns wieder und wir fuhren zum HOTEL GROOVE SHINJUKU, A PARKROYAL Hotel um kurz einzuchecken. 10 Minuten später haben wir uns das Hotel angeschaut - cool und im Herzen von Shinjuku, dem Ausgehviertel. Danach gings zum Essen mit Debriefing des Tokyo Convention Bureau ins Restaurant KIGI, ein Restaurant welches besonders viel Wert auf Nachhaltigkeit legt. Was allerdings auch nochmal mit einem mehr als 30-minüten Transfer verbunden war. An diesem Abend wurde sich viel ausgetauscht, ausgewertet, Fazit gezogen und Anregungen gegeben. Am nächsten Morgen um 9:00 Uhr ging es zum Flughafen und der 14-stündige Rückflug wurde angetreten.
An dieser Stelle möchte ich mich noch einmal bei allen Beteiligen bedanken, es war eine interessante Erfahrung und wir haben sehr viele Eindrücke mit nach Hause nehmen dürfen.
Mein persönliches Fazit in Bezug auf Incentive-Reisen:
Ich durfte in der Vergangenheit bereits Incentives in anderen Ländern dieses Teils der Erde planen und habe auch schon mit einigen Convention Bureaus zusammengearbeitet bzw. für verschiedene Convention Bureaus gearbeitet. Daher vergleicht man natürlich. Für mich ist es wichtig, dass die Zusammenarbeit mit den Partnern vor Ort unkompliziert, fair und ehrlich ist und die Partner das MICE-Geschäft verstehen. Der Punkt "unkompliziert" kann schon mal nicht abgehakt werden und der zweite Punkt zumindest teilweise auch nicht - kommt auf die Region drauf an.
Ich bin davon überzeugt, dass Japan eine tolle Destination ist, die sehr viel zu bieten hat, ABER die einzelnen Präfekturen (noch) nicht "bereit" sind für den europäischen MICE Markt. Es fehlt leider sehr oft an Verständnis für das, was diese Art von Kunden möchten, Tokyo ist da schon offener aber auch hier wird einem bei einem Sales Pitch (auf japanisch) zuerst aufgelistet, was alles nicht geht. Das ist mega schade... Selbst die Convention Bureaus müssen noch ihre Hausaufgaben machen, um dieses Wissen und damit auch Hilfestellung an deren Partner, wie Hotels und Venues, weitergeben zu können. Meiner Meinung nach ist es für alle, die dort in Incentive planen, zudem zwingend erforderlich, eine dort ansässige DMC an Board zu haben, die sich mit den Gepflogenheiten auskennt und vor allem die Sprache spricht. Allein ist man aufgeschmissen! Und allein tritt man als Europäer den Japanern auch sehr schnell auf die Füße, ohne es zu bemerken! Die Kultur ist eine andere und Hierarchie wird sehr groß geschrieben. Und auch mit Geld kommt man dort nicht weiter. Wenn etwas nicht geht oder so noch nie gemacht wurde oder es halt einfach so ist, weil es so ist, dann hat man Pech gehabt. Diese Punkte machen es für mich schwer, Japan aus voller Überzeugung heraus Incentive-Kunden anzubieten und weiterzuempfehlen - außer diese sind bereit, die Regeln zu akzeptieren und nicht ihr "Standard-Programm" welches oft Party machen & Co inkludiert, durchziehen möchten. Dann kann es funktionieren.
Nichts desto trotz ist es eine faszinierende Destination mit so viel Geschichte und Kultur, die darauf wartet, entdeckt zu werden.
Ich werde auf jeden Fall noch einmal nach Japan reisen, andere Ecken kennenlernen und sicher auch den Mount Fuji, den ich von der Ferne aus meinem Hotelzimmer sehen konnte, mir nochmal von Nahem anschauen.
*Fam-Trips sind dazu da, um mit einer Destination, Region oder Stadt "familiär" zu werden, d.h. sie besser kennenzulernen. Dies dient in erster Linie dazu, um selbst diese Destination besser vermarkten oder verkaufen zu können. Denn etwas was man kennt, lässt sich besser erklären.